Baltikum - Rezepte & Geschichten aus Estland, Lettland, Litauen

Zwar sind auf den mitgebrachten Bildern tolle Rezepte zu erkennen, man sollte aber bei diesem Buch nicht vergessen, dass es sich inhaltlich um "Rezepte & Geschichten" handelt. Und diese Kombination schätze ich sehr und habe mich gerne in beide "Teile" des Buches vertieft. Die Autorin springt dabei von Kapitel zu Kapitel zwischen ebendiesen. Nach einem Start zum Thema "Meine Baltische Reise" und dem ersten Rezepteblock "Frühstück" wird der Leser nach "Tallinn" entführt, einer Stadt auf meiner Reise-Bucketliste. Es folgen danach abwechselnd "Vorspeisen & Snacks", "Tartu", "Suppen" gefolgt von "Riga", "Hauptspeisen" & "Salate und Beilagen" und dann noch die Destinationen "Kaunas", "Vilnius" und die "Bernsteinstraße", wobei das Kapitel "Desserts" nicht zu vergessen ist. Auch ein paar spannende Rezepte kommen aus der Katagorie "Getränke", in Summe ist das Buch mit insgesamt ca. 250 Seiten wirklich gut mit Inhalt bestückt. Die Autorin Zuza Zak ist in frühen Jahren aus Polen nach Großbritannien ausgewandert, hat einen Supper Club betrieben und ab 2019 in einer Doktorarbeit angefangen, die sozikulturellen Aspekte der osteuropäsichen Küche heraus zu erforschen. Der eine oder andere Leser mag ihr bereits erschienenes Kochbuch "Polska*" kennen, welches 2017 in Deutschland unter dem Subtitel "Die neue polnische Küche" publiziert wurde. In diesem Oktober erscheint das nächste Kochbuch mit dem Fokus auf Pierogi polnische Dumplings*. Wow! Auf Instagram ist sie mit dem Account @zuzazakcooks mit einer sympatsichen Mischung aus Rezepten und Tagebuchinformationen.

Aber zurück ins Buch. In der Einleitung erfahre ich, dass ihre Großmutter Halinka sie mit Berichten aus der Heimat in Litauen früh "infiziert" hat und lerne einiges über die Differenzierung von Polen und Litauen kennen und über die Herkunft von Zuza. Dies ist für mich spannend und inbesondere der tagespolitische Blick nach Osten bringt hier neue Informationen über "das Baltikum" für mich. Hier webt Zuza nun ihre Geschichte ein, die in der englischen Ausgabe sogar im Titel zu finden ist und mit "Amber & Rye"  das beschreibt: eine ganz eigene Bernsteinreise auf den Spuren der Großmutter und der eigenen Kindheit mit schimmernden Roggenfeldern, daher das "Rye". Und dann das erste Rezept "Hanfbutter & Honig auf Toast". Irgendwie sind für mich die ersten Rezepte immer wegweisend in einem Buch, wenn auch meist nicht das "Signatur Dish" der Autorin. Was hier simpel klingt ist einfach toll und mit dem ersten Foodfoto im Bild bin ich auch hier voll zufrieden, so wunderschöne Bilder ganz nach meinem Geschmack. Es folgen ein paar weitere Frühstücksrezepte vor allem auch mit Sanddorn, da bin ich ganz dabei. In das obligatorische Porridge Gericht kommt dabei gerne auch nordischer Birkensirup (wer hat), ansonsten finde ich aber auch genannte Ersatzprodukte die ich einsetzen kann, hier Ahornsirup. Ebenso erfahre ich vor jedem Rezept nützliche Informationen, an den herzhaften Frühstückskartoffelpuffern zum Beispiel die jüdische Wurzel des Rezeptes und warum das so ist und die Besonderheit der verwendeten Wurst. Dies sei auch kurz gesagt: Veganer & Vegetarier werden es mit diesem Buch eher mühsam habe, die Rezepte durch Weglassen oder Ersetzen an ihre Bedürfnisse anzupassen. Hier geht es eher "traditionell" zu und neben den Fleischprodukten mit reichlich Butter, Eiern und Milchprodukten sowie Käse. Das getestete Sanddorngebäck gelingt dann vorzüglich. Hier muss man aber wissen, dass die Urlaube in Dänemark mir passend zum Titel meines Blogs erlauben, auf TK-Sanddornbeeren zurück zu greifen, was einfach zu empfehlen ist. Auf das folgende Pfifferlingsomlet freue ich mich zudem sehr, wenn bald die Pilzsaison der ersten Saisonpilze dazu losgeht.

Dann folgt auf ca. 7 Seiten das erste Kapitel zu einer Stadt, hier Tallin. Ich versinke in schönen Bildern und Informationen und schmökere auch gleich mal in anderen "Geschichtskapiteln". Die Mischung aus Rezeptbuch und Länderbuch, fast ein wenig Reiseführer hat mir schon bei anderen Rezensionen extrem gut gefallen. Später folgen dann wieder tolle Anregungen und besondere Zutaten wie Esskastanien kommen zum Einsatz. Oben habe ich genannt, dass Veganer & Vegetarien nicht immer fündig werden. Gut ist dabei, dass jedes Rezept eine Info dazu hat (vegetarisch, pescetarisch usw.). Und Fisch taucht auch wirklich häufig in den Rezepten auf, spannend zum Beispiel als "gefrorener Fisch", der an dünn gehobelte Ceviche erinnert. Mein Lieblingskapitel finde ich dann auch später im "Hauptgerichte" Teil, mit vielen tollen Rezepten, die ich zum NAchkochen markiere: Pelmeni (also Knödelartiges) mit Brennesseln, gebratene Heringe mit vielen Kräutern und auch bei den Beilagen tolle Anregungen wie zum Beispiel Pfifferlinge mit Blaubeeren. Die ja tatsächlich irgendwann im August gleichzeitig bei uns Saison haben könnten, je nach Wetterlage in diesem Jahr.

Inhaltlich sind die Rezepte gut strukturiert, bestehen aus einer Spalte "Zutaten" und der Beschreibung der Vorgehensweise und ich finde mich beim kochen gut zurecht. Viele Rezepte scheinen komplex, hier kann ich aber nur raten, sich auf die Zubereitung einzulassen, die viel einfacher ist, als sie sich in mancher Überschrift liest. Auch können manche Zutaten wirklich einfach substituiert werden und die Rezepte leben aus meiner Sicht durch viele frische, saisonale Zutaten und der kompletten "cleanen" Zubereitung ohne Fertigprodukte. Das finde ich gut und das passt sehr zu diesem Buch. Alles in allem halte ich hier also ein Werk in den Händen, in dem ich noch viel Zeit verbringen werd. Mit den sympatisch erzählen Geschichten zum Baltikum von Zuza, mit vielen Fakten und neuen Informationen und den klassischen, inspirierenden Rezepten ist es eine für mich tolle Mischung, hier einen Blick nach Osten zu werfen. Für Kochanfänger, die diese Region lieben, ist es sicher nur bedingt zu empfehlen. Ich finde es rundum klasse!